Warum ich gegen einen allgemeinen Mindestlohn bin

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Warum ich gegen einen allgemeinen Mindestlohn bin

Anlässlich der Debatte um die Einführung eines flächendeckenden, allgemeinen Mindestlohns oder einer Lohnuntergrenze hier ein paar Fakten mit Informationen und Argumenten.

  • Wen betrifft es?

    Mehr als 98 % aller Vollzeitbeschäftigten verfügen über ein existenzsicherndes Einkommen. Häufig wird in der Debatte um die Einführung eines flächendeckenden, allgemeinen Mindestlohnes der Eindruck vermittelt, Deutschland sei eine Art Niedriglohnland, geprägt von so genannter „prekärer“ Beschäftigung. Fakt ist: Der deutsche Arbeitsmarkt ist geprägt von gut bezahlter und sozial abgesicherter Arbeit. Der Normalfall in Deutschland ist: Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich auf Löhne, die auskömmlich und wirtschaftlich vernünftig sind. Die deutsche Tarifautonomie mit ihrer flexiblen Sozialpartnerschaft ist ein Herzstück des Erfolgsmodells unserer Sozialen Marktwirtschaft und unseres Arbeitsmarkts mit über 41 Millionen Beschäftigten, 2,7 Millionen Arbeitslosen und einer im europäischen Vergleich extrem niedrigen Jugendarbeitslosigkeit. Es gibt in Deutschland über 70.000 Tarifverträge zur Regelung bestimmter Arbeitsbedingungen in über 300 Wirtschaftszweigen und mehr als 1.100 Tarifbereichen. Für 80 % aller Beschäftigungsverhältnisse sind Tarifverträge prägend.Insgesamt haben 2,4 Millionen Arbeitnehmer einen Stundenlohn unter 7,50 Euro, das sind 5 % aller Beschäftigten.
  • Wie sehen die Beschäftigungsverhältnisse und Löhne in Deutschland eigentlich aus?

    Die Reallöhne sind im wirtschaftlichen Aufschwung gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Nominallöhne im Jahr 2010 um 2,6 % gegenüber dem Vorjahr, die Verbraucherpreise erhöhten sich im selben Zeitraum um 1,1 %. Der Niedriglohnbereich ist eine Einstiegschance für viele Arbeitslose, schafft zusätzliche Beschäftigung und ermöglicht Teilhabe und Entfaltungschancen. Er wächst seit 2006 nicht weiter (DIW) und ist davor vor allem gewachsen, da anstelle von Erwerbslosigkeit grundsätzlich die Erwerbstätigkeit von Frauen oftmals in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt, gestiegen ist.
  • Welche gesetzlichen Regelungen gibt es?

    Es gibt bereits jetzt folgende gesetzliche Regelungen:
    1. Nach dem Tarifvertragsgesetz durch Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen: Knapp 500 der bestehenden Tarifverträge sind für allgemeinverbindlich erklärt und gelten damit für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallende Arbeitgeber und -nehmer. Voraussetzung für eine Allgemeinverbindlicherklärung ist, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen.
    2. Nach dem Arbeitsnehmerentsendegesetz (AEntG) durch Verordnung aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen oder einer Kommissionsempfehlung per Rechtsverordnung für 9 Branchen. Anders als Mindestlöhne nach dem Tarifvertragsgesetz gelten die Mindestlöhne nach dem AEntG auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland.
    3. Nach dem Mindestarbeitsbedingungsgesetz durch Rechtsverordnung der Bundesregierung: Das Mindestarbeitsbedingungsgesetz (MiaG) ermöglicht die Festsetzung von Mindestlöhnen für Branchen mit einer Tarifbindung von weniger als 50 Prozent. Dieses Gesetz gibt bereits heute die Möglichkeit, bei Bedarf auf sämtliche Branchen in allen Regionen einzuwirken.Eine Mindestlohnverordnung nach dem MiaG ist noch nie ergangen. Bislang ist einzig ein Antrag für die Callcenter-Branche gestellt worden. Der Hauptausschuss hat entschieden, dass es in der Callcenter- Branche mangels sozialer Verwerfungen keines Mindestlohns bedarf. Weitere Anträge liegen nicht vor. Das heißt, keine weitere Branche sieht derzeit Handlungsbedarf.
  • Welche Risiken bestehen durch die Einführung eines flächendeckenden, allgemeinen Mindestlohnes?

    • Verlust von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und Anstieg der Schwarzarbeit: Die Forderung des DGB nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro würde in Deutschland rund 1,2 Mio. Arbeitsplätze kosten (ifo-Institut). Allein im Osten wären laut Berechnungen von Wirtschaftsforschungsinstituten bis zu 450.000 Jobs gefährdet.740.000 Minijobs in Deutschland gingen verloren. Die Minijobs werden besonders von ALG II-Empfängern genutzt, um ihr Haushaltseinkommen aufzustocken. Von den 1,366 Millionen ALG II-Beziehern, die aktuell einen Job haben (vorwiegend Minijobs), würden ca. 218.000 (16 %) diese Hinzuverdienstmöglichkeit wieder verlieren. Mehr und nicht weniger Menschen wären armutsgefährdet.
    • Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte: Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat in einer aktuellen Studie gezeigt, dass ein allgemeiner Mindestlohn zu erheblichen Mehrbelastungen der öffentlichen Haushalte führen würde. Das RWI beziffert die zusätzliche fiskalische Belastung eines erhöhten Verwaltungsaufwandes und die gestiegenen Kosten für die Arbeitsvermittlung auf ca. 9 Mrd. Euro. Insbesondere die neuen Bundesländer wären davon betroffen.
    • Wettbewerbsverzerrung: Hinter der Forderung und Einführung von Mindestlöhnen steht oftmals die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen und die Schaffung oder der Erhalt von Monopolen. Beispielhaft hierfür steht der Postmindestlohn, der zum Verlust von mehr als 17.000 Arbeitsplätzen bei den Konkurrenten der Deutschen Post geführt hat.
    • Preissteigerungen: Mindestlöhne führen tendenziell zu höheren Preisen und schwächen so die Kaufkraft. Das führt im Ergebnis zu weiteren Nachfrageausfällen, Beschäftigungschancen werden vernichtet.
  • Verhindern Mindestlöhne das sogenannte „Aufstocken“ von Einkommen durch Leistungen aus der staatlichen Grundsicherung?

    Nein! Nicht die Stundenlöhne sind zu gering; vielmehr arbeiten die allermeisten Aufstocker nur Teilzeit. Die Zahl der in Vollzeit Erwerbstätigen, die ihr Einkommen mit staatlichen Hilfen aufstocken, liegt bei 320.000 Arbeitnehmern. Darunter 45.000 Lehrlinge Da ist nicht die Lohnhöhe das Problem, sondern die Arbeitszeit.
    Diese Zahl nimmt kontinuierlich ab und sie erhalten mehrheitlich nur deshalb Unterstützung, weil sie eine Familie mit Kindern zu versorgen haben. „Aufstocken“ ist daher keine subventionierte Lohndrückerei, sondern eine sozialpolitische Errungenschaft zur Sicherung des Existenzminimums – ganz im Sinne des liberalen Bürgergelds.Hinzu kommen ca. 125.000 selbstständige Aufstocker, deren Geschäftsmodell nicht erfolgreich genug sei, um davon ein ausreichendes Einkommen zu bestreiten. Auch hier sei nicht die Lohnhöhe ausschlaggebend für deren Lebenssituation.

    Ein Alleinverdiener in einer vierköpfigen Familie müsste einen Stundenlohn von fast 11 Euro erhalten, um finanziell besser gestellt zu sein, als wenn er nicht arbeiten und Grundsicherung beziehen würde. Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro könnte dieses Problem damit auch nicht lösen.
    Ich will ein bedarfsdeckendes Mindesteinkommen für alle Bürger nach dem Konzept des liberalen Bürgergeldes.
  • In anderen Ländern gibt es einen Mindestlohn – was zeigt der Vergleich?

    Der Vergleich mit Mindestlohnregelungen im Ausland hinkt an vielen Stellen:

    • Deutschland verfügt über ein funktionierendes Tarifsystem und mit dem Arbeitslosengeld II wird ein Mindesteinkommen gewährleistet. Andere beschäftigungspolitisch erfolgreiche Länder mit einem funktionierenden Tarifsystem wie Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und Österreich haben ebenfalls keinen gesetzlichen Mindestlohn.
    • Die Höhe der gesetzlichen Mindestlöhne im Vergleich zu den Durchschnittsverdiensten in anderen Ländern variiert erheblich. Während der Mindestlohn in Großbritannien nur 38 % des Durchschnittseinkommens entspricht, sind es in Luxemburg 50 %.
    • Viele Studien weisen darauf hin, dass der gesetzliche Mindestlohn in Frankreich mitverantwortlich ist für die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote von Arbeitnehmern unter 25 ist in Frankreich mit knapp 20 % doppelt so hoch wie der deutsche Wert von gut 10 %.
By |10. November 2011|Categories: Sonstiges|0 Comments

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